Ludwig van

„Hier habe ich die Szene am Bach geschrieben …“

Text nach Dr. Heinrich Neumayr, Wiener Beethovengesellschaft

Nicht weniger als 36 Häuser hat Ludwig van Beethoven in Wien bewohnt. Seine liebste Wohnung befand sich auf der Mölkerbastei im „Pasqualati-Haus“, das heute noch unversehrt erhalten ist und ein Beethoven-Museum beherbergt. (Die Wohnung, in der Beethoven lebte, ist heute in Privatbesitz. Das Museum befindet sich in einer Nachbarwohnung.)

In diesem Haus auf der Mölkerbastei wohnte Ludwig van Beethofen
Mölkergasse 8, das „Pasqualati-Haus“

Von seiner Wohnung im 4. Stock hatte er einen weiten Blick über das Glacis und bis in die Vororte zum Wienerwald hin. Im Sommer zog es ihn hinaus in die Umgebung der Stadt. Nach Baden, Mödling, Döbling, Nussdorf und besonders Heiligenstadt.

Im heutigen Bezirk Döbling wohnte Ludwig van Beethoven erstmals im Sommer 1802, im Hause Probusgasse Nr. 6. Sein Hausarzt hatte die Kur im Heiligenstädter Bad empfohlen.

Probusgasse 6
Probusgasse 6

Ludwig van Beethoven litt in dieser Zeit. Obwohl bereits materiell gesichert und von seiner Liebe zu Komtesse Giulietta Guiscardi beseelt, schreibt er Ende 1801 an seinen Jugendfreund Franz Gerhard Wegeler: „…mein Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden … diesen Winter ging es mir wirklich elend … meine Ohren brausen Tag und Nacht … seit zwei Jahren fast meide ich alle Gesellschaften, weils mir nicht möglich ist, den Leuten zu sagen: Ich bin taub … in meinem Fache ist das ein schrecklicher Zustand … ich will, wenns anders möglich ist, meinem Schicksal trotzen, obwohl es Augenblicke meines Lebens geben wird, wo ich das unglücklichste Geschöpf Gottes sein werde …“

Beethoven im Jahr 1802
Beethoven im Jahr 1802

In einem weiteren Brief, November 1801: „Du kannst kaum glauben, wie öde, wie traurig ich mein Leben seit zwei Jahren zugebracht, ich floh die Menschen, mußte Misanthrop scheinen, und bins doch so wenig. Veränderung hat ein liebes, zauberisches Mädchen gebracht, die mich liebt und die ich liebe, es sind seit zwei Jahren wieder einige selige Augenblicke…“

Bald jedoch …

„Für mich gibts kein größeres Vergnügen als meine Kunst zu treiben …“

Bald aber weiß er, dass sich die Heirat mit der Komtesse nicht erfüllen kann. Sein Gehörleiden und seine Liebesenttäuschung bringt er in die Probusgasse mit, ebenso einige Hoffnung. Der Arzt hatte ihm Besserung bei Ruhe und Schonung versprochen. Die Kunst gab ihm Auftrieb. In einem Brief Ende 1801: „Für mich gibts kein größeres Vergnügen als meine Kunst zu treiben …“

In diesem Jahr hatte Ludwig van Beethoven die 1. Symphonie vollendet, die Quartette op. 18, das 3. Klavierkonzert, einige Klaviersonaten und zuletzt die „Mondscheinsonate“.

Das Heiligenstaedter Testament
Das Heiligenstädter Testament

In diesem Sommer 1802 schreibt Ludwig van Beethoven das „Heiligenstädter Testament“, das den erschütternden Tiefpunkt seiner Verzweiflung markiert. Er komponiert die geniale „Zweite Symphonie“, deren Beschwingtheit eine Überwindung seiner Verzweiflung bedeutet.

Sommer 1808: Ludwig van Beethoven bezieht Sommerquartier in der Grinzinger Straße 64 (damals Nr. 8). Er steht auf der Höhe seiner reifen Meisterschaft. Die zweite Fassung des „Fidelio“ war fertiggestellt, ebenso die „Appassionata“ und die erregende 5. Symphonie. In Heiligenstadt entstand nun die 6. Symphonie, die „Pastorale“.

Das Haus Grinzinger Straße 64 im Jahr 1890/im Jahr 2006
Das Haus Grinzinger Straße 64 im Jahr 1890 und im Jahr 2006

Jahre später wird Ludwig van Beethoven bei einer Wanderung mit Anton Schindler, auf dem Wiesenboden sitzend und an eine Ulme gelehnt, sagen: „Hier habe ich die Szene am Bach geschrieben, und die Goldammern da oben, die Wachteln, Nachtigallen und Kuckucke haben ringsum mitkomponiert.“ Ein Denkmal mit einer Büste Anton Fernkorns (er schuf auch die Reiterstandbilder auf dem Wiener Heldenplatz) erinnert daran, am heutigen „Beethovengang“.

Auch Franz Grillparzer, 17 Jahre jung, wohnte zu dieser Zeit im gleichen Haus. Später erzählt er: „Er und wir wohnten in demselben Haus in Heiligenstadt; er nach der Gasse, wir nach dem Garten zu, hatten aber eine gemeinschaftliche Stiege und Hausflur. Wenn er spielte, hörte man es im ganzen Hause. Um es aber besser zu vernehmen, öffnete meine Mutter oft die Küchentüre, die mehr an seine Wohnung anstieß. Einstens trat sie vor dieselbe hinaus auf den Flur, und zwar nur auf jenen Teil vor der Küchentüre, der füglich noch zu unserem Wohnungsteil gehörte. Beethoven hörte zufällig auf und trat ebenfalls vor seine Tür, auch auf den Gang. Als er meine Mutter bemerkte, ging er rasch zurück, kam mit aufgesetztem Hute wieder heraus und stürzte fort und – niemals spielte er den ganzen Sommer über.“

Ludwig van Beethoven war oft wandernd unterwegs…

Ein würdiger Rahmen für den großen Komponisten…

Ludwig van Beethoven war oft wandernd unterwegs. Dabei trug er gerne einen blauen Frack mit Messingknöpfen, hellen Pantalons (Hosen mit röhrenförmigen Beinen), einen Zylinder, den er nach hinten schob, ein weißes Halstuch mit langen Zipfeln, ein dicker Stift war in den Rockschößen, ebenso ein größeres Notizheft und ein Oktav-Konversationsheft.

Sommer 1817: Zwei Monate wohnt Ludwig van Beethoven im Haus Pfarrplatz 2.

Pfarrplatz 2
Pfarrplatz 2

Im Juni 1817 zieht er in das Haus des Nußdorfer Bürgermeisters Greiner in der Kahlenbergerstraße 26. (Das herrschaftliche Gebäude mit subtilem Rokokoschmuck sah im Jahr 2006 noch genauso aus – auch heute noch, allerdings gediegen renoviert.)

Kahlenbergerstraße 26
Kahlenbergerstraße 26

Die Zimmer Beethovens schauen in den Garten und auf den Nussberg. Das Haus in der Kahlenbergerstraße war ein würdiger Rahmen für den großen Komponisten, der zu den angesehensten in der Donaumetropole zählt, bei Fürsten und Grafen ständiger Gast ist und Hauskonzerte bei diplomatischen Empfängen gibt. Sein Einkommen ist sehr gut, er kann sich diese „Nobelwohnung“ im Sommer leisten.

Büste am "Beethovengang" von Anton Fernkorn
Büste von Anton Fernkorn am Beethovengang

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Der letzte Aufenthalt im Jahre 1817 hat zweifellos wesentlichen Anteil daran, dass die große Schaffenspause im Leben Beethovens ihr Ende fand. Denn mit der Quintettfuge op. 137, vor allem aber mit den Entwürfen zur 9. Symphonie, die wahrscheinlich noch in die letzten Monate des Jahres 1817 zu verlegen sind, hebt sein großes Schaffen wieder an, das in steilem ununterbrochenem Aufstieg bis zu den letzten Streichquartetten führt.

Denkmal im Heiligenstädter Park
Denkmal im Heiligenstädter Park

(Text nach Dr. Heinrich Neumayr, Wiener Beethovengesellschaft.)